Zum Ende des Online-Trainings hast du noch die Möglichkeit, deine persönlichen Stressverstärker zu identifizieren.
Nimm dir dafür am besten ein Blatt Papier und einen Stift für Notizen zur Hilfe, oder drucke dir die unten abgebildete Tabelle aus.
Die Frage lautet: „Wie vertraut kommt dir dieser Gedanke vor?“ Bitte bewerte jede Aussage wie folgt: 2 = sehr, 1 = etwas, 0 = nicht und notiere dir die Antworten.
Auswertung: dein persönliches Stressverstärkerprofil
Addiere die Punkte zu den Gedanken 6, 8, 12, 13 und 23.
Wert 1 = ____
Addiere die Punkte zu den Gedanken 11, 14, 16, 17 und 19.
Wert 2 = ____
Addiere die Punkte zu den Gedanken 1, 15, 18, 22 und 24.
Wert 3 = ____
Addiere die Punkte zu den Gedanken 3, 10, 20, 21 und 25.
Wert 4 = ____
Addiere die Punkte zu den Gedanken 2, 4, 5, 7 und 9.
Wert 5 = ____
Die Werte stehen für folgende stressverstärkende Einstellungen. Welcher ist bei dir am meisten ausgeprägt, welcher am wenigsten?
Wert 1 = „Sei perfekt!“
Im Hintergrund dieses Stressverstärkers steht das Leistungsmotiv, der Wunsch nach Erfolg und Selbstbestätigung durch gute Leistungen. Wer leistungsmotiviert ist, will etwas gut, besser oder – am besten – am besten machen. Wenn dieses Motiv allerdings übermächtig wird und zur absoluten Forderung erhoben wird, dann verbindet es sich mit einer ausgeprägten Stressanfälligkeit vor allem gegenüber solchen Situationen, in denen Misserfolg, Versagen und eigene Fehler möglich sind oder drohen. Durch das perfektionistische Leistungsverhalten wird versucht, derartige Situationen unter allen Umständen zu vermeiden.
Das Problem besteht hier nicht darin, sich ständig verbessern zu wollen oder nach Höchstleistungen zu streben. Auch gibt es selbstverständlich Aufgabenbereiche, in denen es auf höchste Genauigkeit und Perfektion ankommt. Problematisch wird es dann, wenn das perfektionistische Leistungsstreben in alle Lebensbereiche hineingetragen und auf jede beliebige berufliche Aufgabe oder private Aktivität übertragen wird. Dies führt über kurz oder lang unweigerlich in die Selbstüberforderung und schließlich Erschöpfung.
Wert 2 = „Sei beliebt!“
Im Hintergrund dieses Stressverstärkers steht das Bindungsmotiv, der Wunsch nach Zugehörigkeit, nach Angenommensein und Liebe. Wenn dieses Motiv übermächtig und zur absoluten Forderung erhoben wird, dann verbindet es sich mit einer ausgeprägten Stressanfälligkeit vor allem gegenüber solchen Situationen, in denen Ablehnung, Kritik und Zurückweisung durch andere möglich sind oder drohen. Als besonders belastend wird auch erlebt, wenn man eigene Interessen vertreten, Grenzen setzen und andere enttäuschen muss oder wenn Konflikte, Meinungsverschiedenheiten u.Ä. mit anderen bestehen. Derartige Situationen müssen unter allen Umständen vermieden oder entschärft werden. Dies wird versucht, indem man eigene Interessen zurückstellt und sich bemüht, es buchstäblich allen recht zu machen. Auch eine übergroße Hilfsbereitschaft steht bisweilen im Dienst des „Sei beliebt!“-Verstärkers. Sicher gibt es immer wieder Situationen, in denen es notwendig oder angemessen ist, Kompromisse zu schließen, nachzugeben und anderen zu helfen. Das Problem liegt auch hier wieder in der Übertreibung, in dem „Zuviel des Guten“, das auf längere Sicht in die Selbstüberforderung und ins Burn-out führt.
Wert 3 = „Sei unabhängig!“
Im Hintergrund dieses Stressverstärkers steht das Autonomiemotiv, der Wunsch nach persönlicher Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Wenn dieses Motiv übermächtig und zur absoluten Forderung erhoben wird, dann verbindet es sich mit einer ausgeprägten Stressanfälligkeit vor allem gegenüber solchen Situationen, in denen eine Abhängigkeit von anderen, eigene Hilfsbedürftigkeit und Schwächen erlebt werden oder drohen. Menschen mit einem stark ausgeprägten Autonomiestreben erledigen deshalb ihre Aufgaben am liebsten allein und machen Schwierigkeiten, Sorgen und Ängste mit sich allein aus. Es fällt ihnen schwer, zu delegieren, im Team zu arbeiten, andere um Hilfe oder Unterstützung zu bitten und sich anderen anzuvertrauen. Sie versuchen unter allen Umständen gegenüber sich und anderen das Bild der Stärke aufrechtzuerhalten. Dass ein solches Verhalten längerfristig leicht in die Selbstüberforderung bis zur Erschöpfung führen kann, liegt auf der Hand. Stressverschärfend wirkt hier nicht das an sich gesunde Streben nach Unabhängigkeit, sondern wieder dessen einseitige Übertreibung, die es nicht erlaubt, sich auch einmal bei anderen anzulehen und sich helfen zu lassen.
Wert 4 = „Behalte die Kontrolle!“
Im Hintergrund dieses Stressverstärkers steht das Kontrollmotiv, der Wunsch nach Sicherheit im und Kontrolle über das eigene Leben. Wenn dieses Motiv übermächtig und zur absoluten Forderung erhoben wird, dann verbindet es sich mit einer ausgeprägten Stressanfälligkeit vor allem gegenüber solchen Situationen, in denen Kontrollverlust, Fehlentscheidungen und Risiken möglich sind oder drohen. Um solche Situationen zu vermeiden, versuchen Menschen mit einem stark ausgeprägten Kontrollstreben, möglichst alles selbst unter Kontrolle zu haben. Auch ihnen fällt es schwer zu delegieren. Sie neigen dazu, sich ständig Sorgen über mögliche Risiken und Gefahren zu machen und es kostet sie viel Zeit und Kraft, Entscheidungen zu treffen, aus Angst, mögliche Risiken zu übersehen. So kann auch dieser Stressverstärker langfristig Selbstüberforderung und Ausbrennen begünstigen, da hundertprozentige Sicherheit und Kontrolle nicht zu erreichen sind. Gerade in Zeiten zunehmender Unsicherheit bedarf das Sicherheitsstreben eines Ausgleichs durch Mut zum kalkulierten Risiko, durch Loslassen und durch Vertrauen.
Wert 5 = „Halte durch!“
Im Hintergrund dieses Stressverstärkers steht das zentrale Streben nach Lustgewinn und Unlustvermeidung, das hier allerdings nicht zu stark ausgeprägt ist, wie das bei anderen Stressverstärkern der Fall ist, sondern im Gegenteil zu stark unterdrückt wird. Man ist zu hart zu sich selbst. Bei der Verfolgung von Zielen gelten Durchhalten und Zähnezusammenbeißen als oberste Maximen. Damit wird aber auch versucht, einer Konfrontation mit eigenen Grenzen, mit Überforderung und Scheitern aus dem Weg zu gehen. Dies kann dazu führen, dass man sich keine Pausen erlaubt, dass man Signale einer Erholungsbedürftigkeit ignoriert oder verleugnet, dass man an unrealistischen Zielen unlösbaren Aufgaben zu lange festhält und sich so selbst langfristig in die Erschöpfung treibt. Natürlich ist es eine wichtige, ja notwendige Fähigkeit, das Luststreben überwinden, sich bei der Verfolgung von Zielen auch unangenehmen Aufgaben stellen zu können und die eigene Komfortzone zu verlassen. Problematisch ist hier wieder die Übertreibung, ein „Zuviel des Guten“, das es nicht erlaubt, sich auch einmal auszuruhen, sich unangenehmen Dingen zu entziehen und das Aufgeben eines Projekts oder eines Ziels zuzulassen.
Hättest du dieses Ergebnis erwartet? Was bedeutet es für dich?
An dieser Stelle ist das Online-Training beendet. Vielen Dank für deine Teilnahme!
Literatur:
Kaluza, G. (2015). Stressbewältigung: Trainingsmanual zur psychologischen Gesundheitsförderung (3. Aufl.). Psychotherapie: Praxis. Springer.
Kaluza, G. (2004). Stress — was ist das eigentlich? — Wissenschaftliche Grundlagen des Gesundheitsförderungsprogramms. In G. Kaluza (Hrsg.), Stressbewältigung (S. 11–48). Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-10093-6_2